Eine Nahrungsmittelallergie ist eine Reaktion des Immunsystems auf eigentlich harmlose Eiweiße. Sie zeigt sich meist unmittelbar nach dem Essen durch Juckreiz, Übelkeit oder Atemprobleme. Schon kleine Mengen können zu teils starken Reaktionen führen. Nahrungsmittelallergien sind relativ selten und werden häufig auch mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Intoleranzen) verwechselt. Dabei reagiert der Körper auf bestimmte Stoffe zumeist mit Magen- oder Darmbeschwerden. Diese treten meist einige Stunden nach dem Essen auf, kleinere Mengen werden oft vertragen. In diesem Beitrag werden nur Nahrungsmittelallergien behandelt.2, 6, 7,10
Woran erkenne ich eine Nahrungsmittelallergie?
- Am häufigsten sind Reaktionen in Mund und Rachen und auf der Haut. Es kommt dabei zu Juckreiz, Schwellungen oder Hautausschlägen.5
- Auch Magen‐Darm‐Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall können Anzeichen einer Nahrungsmittelallergie sein. Sie treten meist innerhalb einer halben Stunde nach dem Essen, spätestens aber einige Stunden danach auf.5
- Auch Atemprobleme wie Husten, Heiserkeit oder pfeifende Atmung können allergische Reaktionen sein.5
- In seltenen Fällen sind auch „anaphylaktische Reaktionen“ möglich. Dabei kann es zu Atemnot, Blutdruckabfall, Bewusstlosigkeit oder sogar zu einem Herz‐Kreislauf‐Stillstand kommen.5
Oft ist es nicht einfach, Nahrungsmittelallergien von anderen Erkrankungen (z. B. Reizdarmsyndrom) oder Unverträglichkeiten (z. B. gegenüber Laktose, Fruktose, Histamin oder Zusatz‐ und Aromastoffen) zu unterscheiden.2 Eine genaue Abklärung der Beschwerden ist für die Behandlung wichtig.5
Woher kommen die Beschwerden?
Im Prinzip kann jedes Nahrungsmittel und jeder Lebensmittelzusatz eine Nahrungsmittelallergie verursachen.8 Man unterscheidet grundsätzlich zwei Arten von Nahrungsmittelallergie:10
- Bei der „primären Nahrungsmittelallergie“ richten sich die Abwehrreaktionen direkt gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel. Die häufigsten Auslöser sind Milch, Hühnereiweiß, Soja, Weizen und Nüsse.2,10 Vor allem Kinder und Jugendliche sind davon betroffen.
- Die „sekundäre Nahrungsmittelallergie“ oder „Kreuzallergie“ ist eine häufige Begleiterscheinung beim Heuschnupfen, ausgelöst durch Pollen oder Hausstaubmilben und bestimmte Eiweißstrukturen in Nahrungsmitteln. Häufig sind es Äpfel, Steinobst, Haselnüsse, Soja sowie gewisse exotische Früchte, die Kreuzreaktionen auslösen.2
Auch manche Medikamente (z. B. solche, die die Magensäure vermindern) können die Entstehung einer Allergie begünstigen.10
Es gibt Faktoren, die die Beschwerden verstärken können. Dazu zählen
- körperliche Anstrengung,10
- Alkohol,10
- bestimmte Medikamente (z. B. Aspirin, Entzündungshemmer, Betablocker, ACE‐Hemmer).8
Wie kann ich die Ursache feststellen?
Notieren Sie alle Nahrungsmittel und Beschwerden in einem Tagebuch. Das hilft Ihnen dabei, Ihre Ernährungsgewohnheiten gezielter zu beobachten.
- Durch Haut‐ und Bluttests können Nahrungsmittelallergien nachgewiesen werden. Meist wird der sogenannte „Haut‐Pricktest“ gemacht. Andere Verfahren (z. B. Scratch‐Testung, Reibetest, Intrakutantestung, Atopie‐Patch‐Test) werden für eine Routinetestung nicht empfohlen.
Wenn Blut‐ und Hauttests keine eindeutigen Ergebnisse bringen, kann ein „Provokationstest“ gemacht werden. Dabei essen Sie kleine Mengen des verdächtigen Nahrungsmittels unter ärztlicher Aufsicht und beobachten die Reaktionen.
- Es werden noch viele andere Verfahren (z. B. Bioresonanz, Elektroakupunktur, Kinesiologie etc.) angeboten, deren Verlässlichkeit nicht ausreichend nachgewiesen ist. Auch von Tests zur Bestimmung von Immunglobulin (IgG/IgG4) und von Lymphozytentransformationstests mit Nahrungsmitteln wird abgeraten.
Was kann ich selbst tun?
Die wichtigste Behandlung besteht darin, die entsprechenden Nahrungsmittel zu vermeiden. Das sollten Sie allerdings nicht ohne ärztliche Abklärung tun. Vor allem wenn viele Nahrungsmittel gemieden werden, kann langfristig eine Mangelernährung drohen.8 Es gibt eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht auf Lebensmitteln über das Vorkommen der 14 häufigsten Allergie- und Unverträglichkeitsauslöser.11
Helfen Medikamente?
Bei schweren allergischen (anaphylaktischen) Reaktionen wird neben den allgemeinen notfallmedizinischen Maßnahmen meist auch Adrenalin in den Muskel gespritzt. Andere Notfallmedikamente sind Antihistaminika, Sprays zur Erweiterung der Bronchien und Kortison.8,10
- Falls Sie ein Risiko für eine schwere Reaktion haben, sollten Sie in der Anwendung eines Adrenalin‐Autoinjektors geschult sein und immer ein Notfallset bei sich haben. Dieses enthält Medikamente, um eine schwere Reaktion zu behandeln und einer Verschlimmerung vorzubeugen.8
Bei akuten, nicht lebensbedrohlichen Symptomen, besonders bei Nesselsucht und Schwellungen, können Antihistaminika helfen. Sie sollten nur kurzfristig eingenommen werden. Die vorsorgliche Einnahme wird nicht empfohlen.3,8
- Tritt die Nahrungsmittelallergie gleichzeitig mit pollenbedingten Atemwegsbeschwerden auf, kann eine Immuntherapie mit Pollenallergenen überlegt werden.8,10
Wann sollte ich eine Ärztin bzw. einen Arzt aufsuchen?
Holen Sie sofort ärztliche Hilfe, wenn Schwindel, Atemnot oder Kreislaufprobleme auftreten. Eine anaphylaktische Reaktion kann auch zu Bewusstlosigkeit führen.8
Wenn Sie schon einmal heftig mit Schwindel, Ausschlag oder Juckreiz am ganzen Körper bzw. Schwellungen in Gesicht oder Mund auf ein Nahrungsmittel reagiert haben, sollten Sie ebenfalls ärztlichen Rat einholen. Wenn Sie häufig nach dem Essen Magen‐ oder Darmbeschwerden haben, ist es wichtig, die Ursachen abklären zu lassen.8
Was kann ich zur Vorbeugung tun?
Eltern können etwas dazu beitragen, um ihre Kinder vor Allergien schützen. Empfohlen wird, nach Möglichkeit vier bis sechs Monate ausschließlich zu stillen. Danach sollten Babys nach und nach an möglichst viele Nahrungsmittel, die in der Familie gegessen werden, herangeführt werden. Nach heutigem Stand des Wissens wird es nicht empfohlen, Lebensmittel, die Allergien auslösen können (z. B. Kuhmilch, Ei, Weizen, Fisch, Karotten und Nüsse), zu meiden.1,4,9
aktualisiert am 28.01.2024
Erstellung: Mag.a Andrea Fried (Gesundheit Österreich GmbH)
Review: Dr.in Susanne Rabady (ÖGAM, KL)
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Literatur
1. Allergieinformationsdienst (2019): Ernährung im Kindesalter: Stillen, Muttermilchersatznahrung und Beikost [online]. https://www.allergieinformationsdienst.de/vorbeugung‐schutz/allergien‐vorbeugen/ernaehrung‐im‐kindesalter.html [Zugriff am 05.01.2024]
2. Allergieinformationsdienst (2019): Nahrungsmittelallergie - Was ist das? [online]. https://www.allergieinformationsdienst.de/krankheitsbilder/nahrungsmittelallergie/grundlagen.html
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3. de Silva, D.; Geromi, M.; Panesar, S. S.; Muraro, A.; Werfel, T.; Hoffmann‐Sommergruber, K.; Roberts, G.; Cardona, V.; Dubois, A. E.; Halken, S.; Host, A.; Poulsen, L. K.; Van Ree, R.; Vlieg‐Boerstra, B. J.; Agache, I.; Sheikh, A. (2014): Acute and long‐term management of food allergy: systematic review. In: Allergy 69/2:159‐167
4. Kopp, MV.; Muche-Borowski, C.; Abou-Dakn, M.; Ahrens, B.; Beyer, K.; Blümchen, K.; Bubel, P.; Chaker, A.; Cremer, M.; Ensenauer, R.; Gerstlauer, M.; Gieler, U.; Hübner, IM.; Horak, F.; Klimek, L.; Koletzko, BV.; Koletzko, S.; Lau, S.; Lob-Corzilius, T.; Nemat, K.; Peters, EMJ.; Pizzulli, A.; Reese, I.; Rolinck-Werninghaus, C.; Rouw, E.; Schaub, B.; Schmidt, S.; Steiß, JO.; Striegel, AK.; Szépfalusi, Z.; Schlembach, D.; Spindler, T.; Taube, C.; Trendelenburg, V.; Treudler, R.; Umpfenbach, U.; Vogelberg, C.; Wagenmann, M.; Weißenborn, A.; Werfel, T.; Worm, M.; Sitter, H.; Hamelmann, E. (2022): S3-Leitlinie Allergieprävention. AWMF-Registernummer: 061-016
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6. gesundheitsinformation.de (2023b): Nahrungsmittelallergie: Diagnose und Behandlung [online]. https://www.gesundheitsinformation.de/nahrungsmittelallergie-diagnose-und-behandlung.html [Zugriff am 05.01.2023]
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11. BMSGPK (2023): Kommunikationsplattform VerbraucherInnengesundheit [online]. https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/Lebensmittel/Kennzeichnung/allergenliste.html [Zugriff am 05.01.2024]