13. Oktober 2016
Die Kommunikation im Gesundheitswesen soll verbessert werden
„Wir wissen, dass eine gute Gesprächsqualität zwischen dem Gesundheitspersonal und den Patientinnen und Patienten höchste Relevanz für das Ergebnis der Krankenversorgung hat“, hält Dr.in Pamela Rendi-Wagner, Sektionsleiterin für Öffentliche Gesundheit im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen fest. „Sie erhöht die Patientensicherheit, vermeidet Behandlungsfehler, verbessert den gesundheitlichen Outcome und fördert auch die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitssystem“, so Rendi-Wagner weiter.
Wissenschaftliche Analysen zeigen, dass die Gesprächsqualität im Gesundheitswesen in Österreich unter dem EU-Durchschnitt liegt. So haben kommunikative Kompetenzen zwar Eingang in die medizinische Ausbildung gefunden, im Alltag der Krankenversorgung werden sie allerdings noch zu wenig umgesetzt. Ziel ist es, das qualitätsvolle Gespräch zwischen Gesundheitspersonal und PatientInnen sowie deren Angehörige in den Einrichtungen der Krankenbehandlung in stärkerem Ausmaß als bisher zu einer zentralen pflegerischen, diagnostischen und therapeutischen Leistung zu machen. Bei der Umsetzung nationaler Strategien im Gesundheitswesen soll die Gesprächsqualität stärker berücksichtigt und es sollen bundesweit einheitliche Standards entwickelt, implementiert und regelmäßig überprüft werden.
Ausbildung und Weiterbildung als zentrales Element
Die Verbesserung der Kommunikation zwischen Gesundheitsberufen und PatientInnen ist ein zentraler Schwerpunkt des Landes Oberösterreich im Rahmen des Gesundheitsziels zur Stärkung der Gesundheitskompetenz. Konkret setzen wir dabei bei der Ausbildung in der Pflege sowie im Bereich der Krankenanstalten an. Ansatzpunkt im Bereich der Pflege ist hierbei die Novelle des GuKG 2016 samt der neuen Ausbildungsverordnung. Für den gehobenen Dienst in der Gesundheits- und Krankenpflege finden sich nun unter den vielen Kernkompetenzen auch Gesprächsführung und Kommunikation, Beratung, Organisation und Durchführung von Schulungen sowie die Förderung der Gesundheitskompetenz. „In unserer Rolle als Aufsicht über die Pflegeausbildungen bringen wir uns in die Curriculumserstellung sowie in die Prüfungsanforderungen der Fachhochschulen entsprechend ein, und positionieren damit das Thema Gesprächsqualität bereits in der Ausbildung“, so Mag.a Monika Gebetsberger, PM.ME. vom Land Oberösterreich, Abteilung Gesundheit.
„Die Stärkung der Gesundheitskompetenz ist ein zentrales Anliegen von Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer in seiner Funktion als oberösterreichischer Gesundheitsreferent. Befragungen der oberösterreichischen Bevölkerung zeigen, dass gerade eine verbesserte Gesprächsqualität und die individuellere Informationsweitergabe für die PatientInnen wichtig sind. Hier setzen wir mit Vertretern der oberösterreichischen Krankenanstalten an. Gemeinsam mit den Ärzten, der Pflege, Psychologen und der Verwaltung sensibilisieren wir die Gesundheitsberufe für eine bessere Gesprächsqualität und Stärkung kommunikativer Kompetenzen. Wir fokussieren im Bereich der Gesundheitskompetenz auf eine gezielte Verbesserung der Kommunikation mit den PatientInnen, um damit bestenfalls auch einen positiven Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit der GesundheitsprofessionistInnen erwirken zu können“, so Gebetsberger abschließend.
Die Patientinnen und Patienten, insbesondere vulnerable Gruppen, wie z.B. chronisch kranke Personen oder Migrantinnen und Migranten, sollen durch verbesserte Gesprächsführung und durch Schulungen mehr Verständnis für die eigene Erkrankung sowie mehr Selbstbestimmung über die eigene Gesundheit erlangen. Ziel ist es, den Patientinnen und Patienten die Rolle von informierten und kompetenten Akteurinnen und Akteuren zu ermöglichen.
Probst: Das Ziel der Sozialversicherung ist eine verständliche Patienteninformation
Eine gute Gesprächsqualität umfasst vier zentrale Ebenen:
- die sprachlich-interaktive Ebene (Gesprächsführung): Welche verbalen und non-verbalen Verfahren unterstützen einen guten Gesprächsverlauf?
- die inhaltliche Ebene (Fachinhalte): Werden die relevanten Fachinhalte besprochen und werden sie verstanden?
- die psychosoziale Ebene (Beziehung): Mit welchen Haltungen und Einstellungen wird die Beziehung gestaltet?
- die Ebene des Gesprächsumfelds: In welchem zeitlichen, räumlichen und technischen Rahmen wird das Gespräch geführt?
In einem gelungenen Gespräch sollten die Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen ihre gesundheitlichen Anliegen verständlich machen können. Sie sollten ihre Therapieoptionen verstehen, ihre Behandlung mitentscheiden und mittragen sowie ihren eigenen Beitrag zur gewählten Behandlung leisten können. Gut geführte Gespräche tragen zur gelungenen Diagnose und zur Verbesserung des Gesundheitszustandes bei, vor allem bei chronisch kranken Patientinnen und Patienten. „Die gemeinsam entwickelte Strategie zur Verbesserung der Gesprächsqualität setzt sowohl bei Patienten als auch bei Gesundheitsberufen an. Im Rahmen der gesundheitskompetenten Sozialversicherung haben wir 2016 in unseren eigenen Einrichtungen umfassende Ansätze zur Verbesserung der Kommunikation und zur Stärkung der Gesundheitskompetenz der Patienten erprobt“, so Dr. Josef Probst, Generaldirektor des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger.
„Gute und verständliche Patienteninformation und Schulung der MitarbeiterInnen sind dabei zentrale Ansatzpunkte. Weiters wurde ein Coaching zur Stärkung der Gesundheitskompetenz der Versicherten in vier Versicherungsträgern pilotiert. Die ersten Evaluierungsergebnisse sind sehr positiv. In den folgenden Jahren wollen wir beide Ansätze weiter ausbauen und unseren Beitrag leisten“, so Probst.
Bachinger: Verbesserung der Gesprächsqualität im Sinne der Patientensicherheit
Die Erfahrungen aus vielen tausend Beschwerden, die bei den Patientenanwaltschaften einlangen, weisen deutlich darauf hin, dass mangelhafte Kommunikation bzw. schlechte Gesprächsqualität der Auslöser für die meisten Beschwerden im außergerichtlichen Bereich ist. Die Beschwerden langen zwar meist mit der missverständlichen Begründung ein, dass ein Behandlungsfehler vorliege, die ersten Überprüfungen und fachlichen Bewertungen bei den Patientenanwaltschaften zeigen dann aber rasch, dass es sich eigentlich um vielschichtige Kommunikationsdefizite handelt. „PatientInnen haben durchaus Verständnis dafür, dass in den hochkomplexen Einrichtungen des Gesundheitswesens Fehler und Schadensfälle, trotz höchsten Bemühens und Engagements, vorfallen können. Wofür sie kein oder wenig Verständnis haben ist, wenn die nachfolgende Gesprächsqualität mangelhaft und ungeeignet ist. Dies ist oft der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt“, betont Dr. Gerald Bachinger, Sprecher der PatientenanwältInnen.
Das richtige Wort, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, gesprochen vom kompetenten Gesundheitspersonal, ist die beste Beschwerdeprävention und Garant für höchste Patientenzufriedenheit. Die Berücksichtigung von 5 simplen Punkten könnte die Gesprächsqualität schon merklich verbessern:
- „Fachchinesisch“ vermeiden
- unwesentliche Details weglassen
- Akronyme vermeiden
- Teach back-Methode verwenden
- Bilder, digitale Medien verwenden
„Es ist zwar auch in den Fachkreisen des Gesundheitspersonals unumstritten, dass gute und richtige Kommunikation wichtig und ein wesentlicher Bestandteil einer qualitätvollen Behandlung ist, dies scheint aber eher graue Theorie, denn gelebte Praxis zu sein. Der Ergebnisbericht der GÖG kommt zu dem plakativen Schluss, dass in Österreich - zumindest was die Gesprächsqualität betrifft - von einer Zweiklassenmedizin gesprochen werden muss“, so Bachinger abschließend.
Die Strategie „Verbesserung der Gesprächsqualität in der Krankenversorgung“ ist eine Maßnahme zur Umsetzung des Rahmen-Gesundheitsziels drei „Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken“ und wurde im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit von Bund, Ländern und Sozialversicherung gemeinsam erarbeitet.
Die Strategie ist auf den Webseiten www.bmgf.gv.at, www.hauptverband.at und www.oepgk.at zu finden.