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Polypharmazie: Wenn die gleichzeitige Einnahme von mehreren Medikamenten und deren Wirkung für die PatientInnen gefährlich wird


7. Februar 2014

Hinter dem sperrigen Wort „Polypharmazie“ verbirgt sich die Herausforderung, wie sowohl Ärztinnen und Ärzte als auch Patientinnen und Patienten mit der gleichzeitigen Verordnung mehrerer Arzneimittel sinnvoll umgehen sollen. Polypharmazie kommt vor allem bei chronisch kranken oder älteren Menschen vor, bei denen mehrere Krankheiten gleichzeitig diagnostiziert werden. Sie ist medizinisch manchmal notwendig, teilweise aber vermeidbar. „Um die Therapie in solchen Situationen sinnvoll zu gestalten“, so der Vorsitzende des Verbandsvorstands im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Dr. Hans Jörg Schelling, „muss zunächst das Problembewusstsein für Polypharmazie in der Ärzteschaft und in der Bevölkerung gestärkt werden“. Den Ärztinnen und Ärzten sollen Werkzeuge gegeben werden, welche helfen, die Verschreibung ungeeigneter Arzneimittel von vornherein zu vermeiden und nicht (mehr) notwendige Medikamente vom Therapieplan zu entfernen. Dazu ist es sinnvoll, alle Schnittstellen im Gesundheitswesen einzubinden, damit Menschen, die von mehreren Behandlerinnen und Behandlern oder Institutionen betreut werden, nicht die negativen Folgen der Polypharmazie erleben. Schelling: „Die Gefahren der Polypharmazie sind der Sozialversicherung schon seit langem bewusst. Umso wichtiger ist es daher, dass das von der Sozialversicherung bereits in drei Pilotregionen getestete Projekt e-Medikation möglichst rasch und österreichweit in einen Regelbetrieb übergeht, damit die Situation für die Betroffenen verbessert wird.“

Die Arzneimittelentwicklung der letzten 50 Jahre hat für Patientinnen und Patienten enorme Fortschritte gebracht: Bluthochdruck, erhöhte Blutfette, Diabetes, Gelenksschmerzen, Infekte – für jede dieser Diagnosen steht eine Reihe von Medikamenten bereit. Nicht selten empfehlen medizinische Fachgesellschaften, gleich eine Kombination von Arzneimitteln einzusetzen. Medikamente können aber Nebenwirkungen haben, und zu deren Vorbeugung werden zusätzliche Mittel verordnet, wie etwa für den Magenschutz. Bei betagten Menschen, die oft gleichzeitig an mehreren Krankheiten leiden, kommt auf diese Weise rasch eine Arzneimittelliste von mehreren Medikamenten zusammen, die tagtäglich einzunehmen sind.

Da geht der Überblick leicht verloren: für Ärztinnen und Ärzte, die gerade ein Medikament verschreiben, und nicht genau wissen, was die Patientinnen und Patienten bereits einnehmen. Aber auch für Patienten und Patientinnen und deren Angehörige, die nicht immer genau wissen, warum und wie welche Medikamente einzunehmen sind. Es ist kein Geheimnis, dass im Durchschnitt weniger als 50 Prozent der Patientinnen und Patienten, die vier oder mehr Arzneimittel gleichzeitig einnehmen sollen, das auch wirklich tun. Der Therapieerfolg ist folglich oft nur mäßig. Daher gilt auch hier die oft zitierte Regel: „So wenig wie möglich, so viel wie nötig“.

Wenn mehrere Arzneimittel miteinander kombiniert werden, sind die Neben- und Wechselwirkungen von besonderer Brisanz. Dann steigt das Risiko beträchtlich, dass sich die Nebenwirkungen der einzelnen Medikamente nicht nur addieren, sondern auch neue Nebenwirkungen hervorrufen, die lebensbedrohlich sein und eine Spitalsaufnahme nach sich ziehen können. Arzneimittel können sich sozusagen gegenseitig in ihrer Wirkung unerwünscht verstärken und sogar lebensbedrohend werden. Letztlich sind auch die finanziellen Kosten einer falschen Polypharmazie gewaltig.

Die vielschichtige Materie wird am kommenden Montag, dem 10. Februar (10.00 – 17.00 Uhr), bei einem Symposium unter dem Titel „Polypharmazie: Ausmaß, Belastung und Ausweg“ im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger umfassend behandelt. Namhafte Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, öffentlichen Institutionen des Gesundheitswesens und der pharmazeutischen Industrie werden gemeinsam erörtern, wie Polypharmazie optimiert und für die Patientinnen und Patienten überschaubar gestaltet werden kann. Das Symposium wird gemeinsam von der Österreichischen Pharmakologischen Gesellschaft, dem Hauptverband und dem Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich veranstaltet.

Die Sozialversicherung garantiert unabhängig von Alter, Einkommen, sozialer Herkunft und Bildung hochwertige Gesundheitsversorgung und eine sichere Pensionsvorsorge. Aktuell sind rund 8,4 Millionen Menschen anspruchsberechtigt (Versicherte und mitversicherte Angehörige). Der Behandlungsanspruch aus der Krankenversicherung wird beim Mediziner durch das e-card-System angezeigt: Die e-card als Schlüsselkarte enthält keine medizinischen Daten, ermöglicht dem/der Arzt/ Ärztin aber die Überprüfung des Versicherungsstatus eines Patienten und die Nutzung weiterer Services. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ist das organisatorische Dach über der solidarischen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung Österreichs.



Zuletzt aktualisiert am 12. März 2015