Abstract
Ziel der Studie war es, mit Hilfe der GAP-DRG Datenbank - sie enthält indirekt personenbezogene verlinkte Inanspruchnahmedaten von Gesundheitsleistungen von über 95% der österreichischen Bevölkerung - Personen zu identifizieren, für die im 4. Quartal
2006 ein Rezept für ein Antipsychotikum in einer Apotheke eingelöst wurde, und Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen durch diese Personen im ambulanten, tationären und Apothekenbereich im Jahr 2007 zu beschreiben.
Die „Antipsychotika“ genannte ATC Gruppe N05A, die in dieser Studie betrachtet wird, umfasst ein breites Spektrum von Substanzen, das von Stoffen, die im engeren Sinn zur Behandlung von Psychosen eingesetzt werden, bis zu nur schwach antipsychotisch wirkenden und vorwiegend zur Schlafanstoßung und Unruhebekämpfung im höheren
Lebensalter eingesetzten Medikamenten reicht. Anders etwa als bei Antidementiva werden also Antipsychotika nicht bei einer einheitlichen diagnostischen Patientengruppe eigesetzt, was bei der Beurteilung der Ergebnisse der Untersuchung zu beachten ist.
Der GAP-DRG Datenbank zufolge wurde im vierten Quartal 2006 für 123.478 sozialversicherte Personen mindestens einmal ein Rezept für ein Antipsychotikum in einer Apotheke eingelöst. Bei rund 8,3 Millionen Einwohnern zur Jahreswende 2006/2007 sind dies (nicht altersstandardisiert) rund 1,5% der österreichischen Bevölkerung.
14.679 dieser für das vierte Quartal 2006 erfassten Personen sind vor Ende 2007 verstorben, was einem Wert von knapp 12% entspricht, der (nicht altersstandardisiert berechnet) rund zehn Mal höher ist als die Rate der in einem Jahr in der gesamten österreichischen Bevölkerung Verstorbenen. Dieser Befund kann zum Teil dadurch erklärt
werden, dass die Hälfte der erfassten Personen 65 Jahre und älter war, und die Sterberate in dieser Gruppe über 20% liegt (während sie bei den unter 65jährigen 2,15% beträgt).
Für die Untersuchung der Inanspruchnahme weiterer Gesundheitsleistungen im Jahr 2007 wurden die 108.799 nicht verstorbenen Personen herangezogen. Ihr Durchschnittsalter
betrug 60 Jahre und 60% waren Frauen. Zwei Drittel aller Patienten erhielten atypische Antipsychotika. Drei Viertel hatten das erste Rezept im vierten Quartal 2006 von einem Arzt für Allgemeinmedizin erhalten und nur einer von acht Patienten von einem Psychiater. Für wei Drittel aller Patienten wurde im vierten Quartal 2006 auch mindestens einmal ein Rezept für eine körperliche Krankheit eingelöst und für 63% eines für ein sychopharmakon aus anderen Kategorien als der der Antipsychotika.
Im Jahr 2007 suchten 91% aller in die Follow-Up Untersuchung einbezogenen Patienten einen Arzt für Allgemeinmedizin auf und nahezu 100% lösten mindestens ein weiteres Rezept in einer Apotheke ein (alle ATC-Codes berücksichtigt). Rund einer von zehn
Patienten wurde auf eine psychiatrische Krankenhausabteilung aufgenommen, jedoch mehr als drei Mal so viel auf eine nicht-psychiatrische Krankenhausabteilung. Bei jedem vierten der letzteren Gruppe wurde eine Herz-Kreislauf- oder eine Magen-Darm-
Erkrankung diagnostiziert. Verletzungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen und neurologische Erkrankungen folgen mit je rund 8%. Endokrine/Stoffwechselerkrankungen machen fast 5%
aus. Rund 8% dieser Aufnahmen auf ein nicht-psychiatrisches Krankenhausbett hatten eine psychiatrische Hauptdiagnose. Fachärzte für Psychiatrie wurden von 27% der Patienten mindestens einmal aufgesucht, andere Fachärzte jedoch von 53%.
Insgesamt weisen die Befunde dieser Studie über Patienten, die ein antipsychotisches Medikament erhalten, auf eine hohe Komorbidität mit körperlichen Krankheiten hin, was zum Teil auf das hohe Durchschnittsalter zurückzuführen ist. Wegen der deskriptiven Natur
der Untersuchung lassen sich jedoch über die Richtung des Zusammenhanges keine kausalen Schlüsse ziehen. Dass dieser Zusammenhang gezieltere Aufmerksamkeit bei lanungsüberlegungen verdient, steht jedoch fest.